13 Oct
13Oct

Technik- und Managersprech machen sich immer mehr in Alltag und Arbeitswelt breit. Fach- und Kunstwörter sollen Wissenschaftlichkeit anzeigen, Vertrauen erzeugen, aktuelle wie künftige Kunden beeindrucken. Doch mitunter könnte man fast annehmen, einige Wortschöpfungen der Werbung sollten Verbraucher eher verwirren als informieren. Fachleute sehen die Ausbreitung technischer Kunstbegriffe kritisch. Ihre alte Matratze ist durchgelegen? Dann muss bald ein neues Schlafsystem her. Welche der Duftlösungen aus der Parfummanufaktur sagt Ihnen am meisten zu? Frühstückscerealien lieber mit oder ohne probiotische Milchprodukte? Und sehen Sie noch Synergien, die sich im digitalen Ökosystem zwischen Smartphone, Smart-TV und Smart Mobility heben lassen? Oft, so scheint es, vernebeln oder banalisieren Fach- und Kunstwörter das, was sie präzise zu beschreiben vorgeben. Getreu dem Motto: Dann fragen hoffentlich nicht allzu viele Verbraucher kritisch nach. Die Wirkung vermeintlichen Experten-Kauderwelschs kann bisweilen auch nach hinten losgehen. Bei einigen Kosmetikprodukten zum Beispiel ist das Sprachgeklingel schon ziemlich laut. Hyaluronkomplexe und Coffeinformeln, wohin man blickt. So riskiert die Branche, Kundinnen und Kunden teilweise mehr zu irritieren denn aufzuklären. 

Besonders beliebt ist derzeit das schon angesprochene „System”. Komplette Zimmereinrichtungen, aber auch der simple Lattenrost nebst Bett wurden als Schlafsysteme gesichtet. Gute Dächer heißen - selbstverständlich - Bedachungssysteme. Ein Aromenhersteller möchte „die Zukunft mit frischen Ideen und modernen Duftlösungen gestalten”. Um angenehme Optik und Haptik der verbauten Materialien kümmert sich bei einem Autozulieferer ein ganzer Ableger für Oberflächenlösungen (Surface Solutions). Und die Organisation von Firmenfuhrparks ist längst kein Leasing mehr. Es geht um: Mobilitätslösungen. Fachleute sprechen inzwischen von „Plastikwörtern“. Allerdings gilt: Technik wird eben von Technikern entwickelt. Die haben einen anderen Sprachhintergrund, der für sich genommen natürlich substanziell ist.

Relativ neu scheint, dass das häufig als gefühlskalt empfundene Wirtschafts-„Denglisch” (Humankapital, Compliance) oder die Technisierung schmerzhafter Sparprogramme (Konsolidierung, Synergien) mit einer Art Sprachwärme ergänzt werden. So gibt es in vielen Betrieben Kümmerer, die „Coping-Strategien” für die Beschäftigten im Strukturwandel diskutieren. Oder die ruhige Handarbeit von allerlei „Manufakturen” federt die eher unpersönliche Massenproduktion ab. Wieso wird aus der schicken Uhr immer gleich ein Chronometer, aus dem Textilstoff ein Dessin? – Weil es eben darum geht, eine Mehrwert-Story zu erzählen.

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