Marktforschung versucht Menschen möglichst genau zu erkennen. Im ersten Anlauf wurden vor Jahrzehnten die soziodemografischen Raster gebildet: Je höher das Einkommen, desto höher die soziale Schicht. Wer nach dieser Lehre Produkte anbieten wollte, musste nur wissen, was seine Zielgruppe im Durchschnitt so verdiente. Danach brauchte man bloß noch das zielgruppengerechte Pricing, eine zur Schicht passende Ansprache und entsprechende Vertriebswege. Um die Situation mit Hollywood zu vergleichen, war dies die Zeit des Schwarzweißfilms. Danach folgte Technicolor. Und in der Marktforschung entdeckte man die Sinus-Milieus.
Mit wachsendem Wohlstand wuchs der Individualismus und es konnte sehr wohl sein, dass ein mittelmäßig verdienender Mensch sich eine teure NIKON-Kamera kaufte oder eine Weltreise unternahm. Andersrum sieht man seitdem auch den einen oder anderen 7er BMW vorm ALDI stehen. Der soziodemografische Ansatz machte einem soziokulturellen Ansatz Platz. Neben der Frage nämlich, was die Zielgruppe verdiente, war nun auch wichtig, in welcher Clique oder Lebensumgebung die Zielgruppe lebte, welche Vorstellungen, Ideale, Neigungen und Anschauungen sie hatte. Was zum Ergebnis hat, dass ein Mittel gegen Haarausfall gegenüber Donald Trump ganz anders kommuniziert werden muss als gegenüber einem Mitglied der Hells Angels. Dabei kostet das Produkt am Ende dasselbe und hat auch dieselben Inhaltsstoffe. Einige Sinus Milieu-Beispiele sind die Traditionellen, die Hedonisten, die Konservativ- Etablierten oder die Liberal-Intellektuellen. Als neue Gruppe werden die Expeditiven begriffen: sehr mobil, sowohl im Kopf als auch geografisch. Es ist ein sehr junges, kreatives und selbstbewusstes Milieu. Sie sind zum Beispiel für die Automobilbranche wichtig. Denn in diesem Milieu wird ein eigenes Auto zum Beispiel nicht mehr unbedingt als Freiheitsbegriff verstanden. Hier sind etwa Konzepte wie Carsharing attraktiv.